 
  
  Grundwissen Grammatik
Das Mittelhochdeutsche unterteilt sich in zwei Bereiche: das Oberdeutsche und das Mitteldeutsche. 
      Während das Oberdeutsche primär aus dem Alemannischen, Bairischen  und dem Ostfränkischen besteht – der größte Teil der ‚klassischen‘ Literatur des Mhd. ist in  dieser Sprache geschrieben –, versteht man unter dem Mitteldeutschen das Westmitteldeutsche  (mittelfränkisch, rheinfränkisch, hessisch) und das Ostmitteldeutsche (thüringisch, obersächsisch,  schlesisch, hochpreußisch).
Da in den gängigen Lexika unmittelbar die mitteldeutschen Varianten nur selten vermerkt sind, sollen die folgenden Ausführungen dazu dienen, dass man auch mitteldeutsche Verbvarianten erkennen und  den richtigen Infinitiv nachschlagen kann.
Allerdings sind die Ergebnisse nicht immer ganz eindeutig: Für das starke oberdeutsche Verb. 'riechen' ist bei Lexer als mitteldeutsche Form auch 'rûchen' vermerkt. Aber es gibt  auch ein schwaches Verb 'ruochen', das ebenfalls als md. Variante 'rûchen' aufweist. Dennoch mag der folgende Überblick ein wenig hilfreich sein.
Im Verbbereich treten im Mitteldeutschen gegenüber dem „klassischen“ Mittelhochdeutschen vor allem folgende Erscheinungen auf:
Vokale:
Mhd. (Obd.) Md. Mhd. (Obd.) Md. ie î 1 diezen 
ich liefdîzen 
ich lîf(iu) 6 
üe
uoû 1, 2 
kiuwen 
müezen
wüelen
ich sluoc
vuoren (Prät.)
zuo-kûwen 
mûzen
wûlen
ich slûc
vûren
zû-æ 
eiê 3 wæten wêten ou 
uoô 4 suochen sôchen unbetontes e i 5 ver- 
ent-
-envir- 
int-
-ino u offenbaren uffenbaren 
1 Diese Variante betrifft vor allem starke Verben der Ablautreihe IIa und besonders IIb, außerdem das Präteritum der Ablautreihen VIIa und VIIb.
2 Diese Variante wirkt sich auf Verben der Ablautreihe VI im Präteritum aus.
3 Die meisten Beispiele gibt es dazu im Bereich der rückumlautenden Verben .
4 Hierzu gibt es Beispiele im Bereich der schwachen Verben .
5 Diese Variante betrifft vor allem Vor- und Nachsilben: „undirtânin“ statt „undertânen“.
6 Grundlage ist eigentlich ein germ. „eu', das sich im Oberdeutschen im Infinitiv zu 'ie', im Mitteldeutschen eben zu 'û' entwickelt hat.
Einzelnes zu den Vokalen bei mitteldeutschen Verben
| Inf. | Prät. | K II | 
| brennen | brante | brente | 
| enden | ante | ente | 
| kennen | kante | kente | 
| nennen | nante | nente | 
| recken | racte | recte | 
| rennen | rante | rente | 
| schenden | schante | schente | 
| senden | sante | sente | 
| setzen | sazte | sezte | 
| stellen | stalte | stelte | 
| swechen | swachte | swechte | 
| wenden | wante | wente | 
Mhd. (Obd.) Md. h Das h schwindet gern zwischen Vokalen, im Auslaut und nach l und r: 
Das betrifft vor allem die Ablautreihe IIIb: bevelhen → bevelen
bevalch → bevalInlautendes j 
müejenw 
mûwenv/f 
hevenb 
hebenph / pf 
rimphenp 
rimpenmb Assimilation: 
umbe-mm 
umme-