Grundwissen Grammatik
Unter „Ablaut“ wird in indoeuropäischen Sprachen der nach Regeln verlaufende Wechsel des Vokals (Tonvokal / Stammvokal) – damit sind auch Diphthonge und Umlaute gemeint – in verwandten Wörtern, besonders aber in den verschiedenen Tempora der starken Verben verstanden.
Der Ablaut ist nicht nur auf die Verben beschränkt, sondern tritt auch bei anderen Wörtern auf, zum Beispiel bei den neuhochdeutschen Nomina „der Bund“, „das Bündnis“, „das Band“, „die Bande“, „der Verband“, „die Binde“ usw.
Auch bei neuhochdeutschen Verben gibt es noch den Ablaut: „fahren“, „ich fuhr“, „wir sind gefahren“ – oder „singen“, „ich sang“, „wir haben gesungen“.
Allerdings gibt es im Neuhochdeutschen bei den starken Verben neben dem Infinitiv nur noch zwei Ablautstufen: im Präteritum und im Partizip II .
Im Mittelhochdeutschen gibt es bei diesen Verben neben dem Infinitiv vier Stufen: Infinitiv („helfen“) - Präsens („ich hilfe“) - Präteritum Singular („ich half“) - Präteritum Plural („wir hulfen“) - Partizip II („geholfen“) , sodass man sich jeweils vier weitere Formen zu einem Infinitiv merken muss.
[Der mögliche Vokalwechsel zwischen Infinitiv und Präsens-Singular-Formen, hat an sich nichts mit dem Ablaut zu tun, sondern wird 'e-i' bzw. 'ie-iu'-Wechsel genannt. - Gelegentlich tritt auch Umlaut bei der 2. und 3. Person Singular Präsens auf!]
Es hat sich eingebürgert, dass man die mittelhochdeutschen Ablautreihen in sieben Klassen einteilt.
In den Ausgaben der „Mittelhochdeutschen Grammatik“, die auf Hermann Paul zurückgehen, werden folgende Ablautklassen unterschieden:
Ablautreihe | Kennzeichnender Vokal | Folgekonsonanten |
Ia | î - î - ei - i - i | alle außer h und w |
Ib | î - î - ê - i - i | h und w |
IIa | ie (iu) - iu - ou - u - o | alle außer d, s, t, z und h |
IIb | ie (iu) - iu - ô - u - o | nur d, s, t, z und h |
IIIa | i - i - a - u - u | n, m + Konsonant |
IIIb | e (i) - i - a - u - o | l, r + Konsonant |
IV | e (i) - i - a - â - o | Wort enthält l, m, n, r |
V | e (i) - i - a - â - e | einfacher Konsonant außer l, m, n, r |
VI | a (e) - a - uo - uo - a | keine Aussagen zu Konsonanten |
VIIa | a, â, ei - a, â, ei - ie - ie - a, â, ei | keine Aussagen zu Konsonanten |
VIIb | ô, ou, uo - ô, ou, uo - ie - ie - ô, ou, uo | keine Aussagen zu Konsonanten |
Hier sieht man, dass die Betrachtung der Folgekonsonanten beziehungsweise Stammkonsonanten zu einer weiteren Differenzierung bei den Ablautreihen geführt hat. Allerdings werden nicht alle Vokal-Konsonanten-Kombinationen hiermit erfasst, einiges wird bei H. Paul als Ausnahme beziehungsweise Sonderfall erwähnt.
Jüngere Autoren gehen deshalb noch ein paar Schritte weiter. Beate Henning unterteilt die Ablautklassen II, IV und VII folgendermaßen:
Ablautreihe | Kennzeichnender Vokal | Folgekonsonanten |
IIa | ie (iu) | alle außer d, s, t, z und h |
IIa (α) | û | |
IIa (β) | iu | w |
IV | e (i) | + l, m, n, r, ch |
IV (α) | e (i) | l, r vor dem Vokal |
IV (β) | o | m (komen) |
VIIa | a | „alte“ VIIa-Reihe |
VIIb | â | |
VIIc | ei | |
VIId | ô | „alte“ VIIb-Reihe |
VIIe | ou | |
VIIf | uo |
Die Differenzierung der Ablautreihen VIIa und VIIb findet sich auch im Arbeitsbuch „Mittelhochdeutsch als fremde Sprache“, Klaus-Peter Wegera et al.
Alle Einteilungen haben ihre Vor- und Nachteile:
Das vorliegende Programm „Training der Infinitivbestimmung“ hat sich an seiner Oberfläche jedenfalls an der Einteilung der Mittelhochdeutschen Grammatik von Hermann Paul et al. orientiert.
Intern wird mit einem differenzierteren Modell gearbeitet, dem auch noch ein paar weitere Beobachtungen zu den auftretenden Konsonanten hinzugefügt wurden.
Legende: | Grundstufe | Abtönungsstufe | Dehnstufe | Schwundstufe |
Ablaut- reihe |
Inf. | 1. P. Sg. Präs. | 1. P. Sg. Prät.* | 1. P. Pl. Prät. | Part. II | Folgekonsonanten |
Ia | î | î | ei | i | i | Fast alle Konsonanten außer h (und w) kommen vor, jedoch auch ch ist möglich. Ggf. grammatischer Wechsel |
Ib | î | î | ê | i | i | Stamm endet auf h oder w . Im Präteritum Singular erscheint oft ch, w fällt weg. Grammatischer Wechsel möglich: Im Plural des Präteritums treten oft g oder w als signifikante Konsonanten auf. |
IIa | ie | iu | ou | u | o | Stamm endet nicht auf d, t, s, z oder germ. h, sondern auf b, c, f, g, h, p, r; ie-iu-Wechsel im Indikativ Singular Präsens. Ggf. Umlaut ü im Präteritum |
IIaa | iu | iu | ou | u | û | Stamm endet nicht auf d, t, s, z oder h, aber auf w, das durchgehendes iu im Präsens bewirkt. Partizip II mit û! Ggf. Umlaut ü im Präteritum |
IIab | û | û | ou | u | o / ou / û | Stamm endet nicht auf d, t, s, z oder h, sondern auf b, ch, f, g; wenn er auf w endet, handelt es sich meist um Nebenformen von IIaa; Partizip II mit o / ou / û! Ggf. Umlaut ü im Präteritum - gedehnte Schwundstufe û im Präsensstamm |
IIb | ie | iu | ô | u | o | Stamm endet auf d, t, s, z oder h; ie-iu-Wechsel im Indikativ Singular Präsens; ggf. Umlaut ü im Präteritum. Ggf. grammatischer Wechsel: d → t; s → r; h → g |
IIIa | i | i | a | u | u | Infinitivstamm endet auf m, n + Konsonant,.[ Nasale + Konsonant]. Ggf. Umlaut ü im Präteritum. Nasal+Konsonant bewirkt konsequentes i im Präsens und Partizip II mit u. |
IIIb | e | i | a | u | o | Infinitivstamm endet auf l, r + Konsonant, [ Liquide + Konsonant] , 'e-i'-Wechsel im Indikativ Singular Präsens, ggf. Umlaut ü im Präteritum |
IV | e | i | a | â | o | Stamm enthält einfachen Nasal - m, n - oder einfachen Liquid - l, r - oder ch / hs / ht. Konkret: VOR dem Vokal steht häufig r, selten l oder n. NACH dem Vokal stehen ch, hs, ht, l, m, r. Ausnahmen: Auf den Vokal können auch folgen ck, sch, zz: zwecken, leschen, vezzen 'e-i'-Wechsel im Indikativ Singular Präsens; ggf. Umlaut æ (e) im Präteritum |
IVx | o | u | a | â | o | Folgekonsonant: m („komen“) ; ggf. Umlaut æ (e) im Präteritum |
V | e | i | a | â | e | Infinitivstamm endet auf einfachen Konsonanten außer auf l, m, n, r. In Folge des grammatischen Wechsels im Präteritum auch r möglich. 'e-i'-Wechsel im Indikativ Singular Präsens; ggf. Umlaut æ (e) im Präteritum |
Vx | i | i | a | â | e | Stamm endet auf einfachen Konsonanten außer auf l, m, n, r; ggf. Umlaut æ (e) im Präteritum; durchgehendes i im Präsens: alte j-Präsentien - Folgekonsonanten: g, t, z |
VI | a | a | uo | uo | a | Umlaut - e - im Indikativ Präsens in der 2. und 3. Person; ggf. Umlaut üe im Präteritum. Meist einfache - Ausnahmen: ch, ck, ff, hs, ll, pf, sch - Folgekonsonanten außer j, k, m, q, s, w, x, y, z. Ggf. grammatischer Wechsel |
VIx | e | e | uo | uo | a | Ggf. grammatischer Wechsel; ggf. Umlaut üe im Präteritum, durchgehendes e im Präsens: alte j-Präsentien - Folgekonsonanten: v, pf |
VIy | e | e | uo | uo | o | Verb mit Stammvokal e, durchgehendes e im Präsens: altes j-Präsentium; Partizip II mit o! („swern“) |
VIIa (7a) | a | a | ie | ie | a | Folgekonsonant l, n, (r) + Konsonant; Umlaut - e - im Indikativ Präsens in der 2. und 3. Person unterbleibt zuweilen |
VIIa (7b) | â | â | ie | ie | â | Folgekonsonant c, d, f, g, h, s, t, z; Umlaut - æ (e) - im Indikativ Präsens in der 2. und 3. Person unterbleibt zuweilen |
VIIa (7c) | ei | ei | ie | ie | ei | Folgekonsonant d, f, s, t, z - Dentale und f |
VIIb (7d) | ô | ô | ie | ie | ô | Folgekonsonant t, z; Umlaut - œ - im Indikativ Präsens in der 2. und 3. Person unterbleibt zuweilen |
VIIb (7e) | ou | ou | ie | ie | ou | Folgekonsonant f, w; Umlaut - öu - im Indikativ Präsens in der 2. und 3. Person unterbleibt zuweilen |
VIIb (7ex) | ou | ou | iu | iu | ou | Nebenreihe mit iu im Präteritum. Folgekonsonant f, w; Umlaut - öu - im Indikativ Präsens in der 2. und 3. Person unterbleibt zuweilen |
VIIb (7f) | uo | uo | ie | ie | uo | Folgekonsonant f; Umlaut - üe - im Indikativ Präsens in der 2. und 3. Person unterbleibt zuweilen |
VIIb (7fx) | û | û | î | î | û | Folgekonsonant f; mitteldeutsche Variante |
* In der 1. und 3. Person Singular Präteritum kann außer in Ablautreihe Ib, VIIa (7a) und VIIb immer auch Auslautverhärtung auftreten.
Die Verteilung von Konsonanten auf die Ablautreihen
Siehe auch Beispiele der Verbformbestimmung
Historische Herleitung des Lautbestandes bei starken Verben:
Ausgangspunkt ist das indoeuropäische starke Verb, dessen Vokalbestand sich auf die Grundstufe E, die Abtönungsstufe O und die Schwundstufe ohne Vokal reduzieren lässt. In den Ablautreihen IV, V und VI tritt noch die sogenannte Dehnstufe auf, die auf germanischem Ē (IV, V) bzw. Ā, Ō (VI) basiert.
Diese Stufen wurden in Abhängigkeit von hinzugetretenen Konsonanten (Kehlkopflauten) verändert, die später wieder wegfielen, so dass z. B. das E zu I oder das O zu A werden konnte und die an sich leere Schwundstufe durch einen Sprossvokal U bzw. I wieder gefüllt wurde. - Schwundstufe [§ L 4]: Halbvokale *i, *u oder Nasale und Liquiden bleiben erhalten.
Ausfall des Vokals führt zu Sprossvokal *u vor Nasal und Liquid.
U wird beim Partizip II wegen der ahd. Partizipendung '-an' in der Regel zu o gesenkt, wenn es nicht vor einem Nasal steht. Deshalb treten in der Schwundstufe sowohl u als auch o häufig auf.
AR I | Grundstufe | Abtönungsstufe | Schwundstufe | |
Für den Vokalbestand entscheidend ist, ob H oder W nach dem Vokal auftritt oder ob andere Konsonanten folgen. | ide. | E | O | Ø |
germ. | e+i+Kons. | (o →) a+i+Kons. | Ø +i+Kons. | |
ahd. | ī | ei | ē nur wenn Folgekonsonant h oder w. Ahd. Monophthongierung ai → ē vor h, w |
i +Kons. | |
a | mhd. | î | ei + Folgekonsonant ≠ h, w | i +Kons. |
b | mhd. | î | ê + Folgekonsonant = h, w |
i +Kons. |
AR I | Grundstufe | Grundstufe | Abtönungsstufe | Schwundstufe | Schwundstufe |
mhd. | Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
a | î | î | ei | i | i |
b | î | î | ê | i | i |
AR II | Grundstufe | Abtönungsstufe | Schwundstufe | |
Für den Vokalbestand entscheidend ist, ob Dentale bzw. H nach dem Vokal auftreten oder ob andere Konsonanten folgen. | ide. | E | O | Ø |
germ. | e+u+Kons. | (o→) a+u+Kons. | Ø +u+Kons. | |
ahd. | io, eo, ie | ou | ō nur wenn Folgekonsonant Dental oder h. Ahd. Monophthongierung au → ō vor Dental, h |
u / o+Kons. | |
a | mhd. | ie / iu (Hebung) | ou + Folgekonsonant ≠ Dental [d, s, t, z], h | u / o (gesenkt) +Kons. |
b | mhd. | ie / iu (Hebung) | ô + Folgekonsonant = Dental [d, s, t, z], h |
u / o (gesenkt) +Kons. |
AR II | Grundstufe | Grundstufe | Abtönungsstufe | Schwundstufe | Schwundstufe |
mhd. | Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
a | ie | iu | ou | u | o |
b | ie | iu | ô | u | o |
AR III | Grundstufe | Abtönungsstufe | Schwundstufe | |
Für den Vokalbestand ist entscheidend, ob ein Nasal [M, N]+Konsonant dem Vokal folgt oder ob nach dem Vokal ein Liquid [L, R]+Konsonant steht. | ide. | E | O | Ø |
germ. | e + Nasal/Liquid+Kons. | a + Nasal/Liquid+Kons. | u + Nasal/Liquid+Kons. | |
ahd. | e / i + Nasal/Liquid+Kons: • i: Nasal+Kons. bewirkt Hebung im gesamten Präs. zu i. • e: Liquid+Kons. belässt e im Plural. Hebung nur im Sg. Präs. zu i wegen Flexionsendungen [i, u]. |
a + Nasal/Liquid+Kons. | u: Nasal+Kons. verhindert standardmäßige Senkung beim Part. II u / o: Liquid+Kons. erlaubt übliche Senkung beim Part. II |
|
a | mhd. | i / i +Nasal+Kons. | a+Nasal+Kons. | u+Nasal+Kons. |
b | mhd. | e / i + Liquid+Kons. (Hebung) | a+Liquid+Kons. | u / o (gesenkt)+Liquid+Kons. |
AR III | Grundstufe | Grundstufe | Abtönungsstufe | Schwundstufe | Schwundstufe |
mhd. | Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
a | i | i | a | u | u |
b | e | i | a | u | o |
Verwandschaft zwischen IV und V | Grundstufe | Abtönungsstufe | Dehnstufe | Schwundstufe | |
Für den Vokalbestand entscheidend ist, ob ein einfacher Nasal bzw. Liquid [M, N, L, R] vor oder nach dem Vokal auftritt oder ob andere einfache Konsonanten dem Vokal folgen: | ide. | E | O | Ē | Ø |
IV: Nasal, Liquid | germ. | e+Nasal/Liquid | a+Nasal/Liquid | ē+Nasal/Liquid | Ø + u+Kons. |
V: kein Nasal, Liquid, Partizip II bei V: Grundstufe! | germ. | e+Kons. ≠ Nasal/Liquid | a+Kons. ≠ Nasal/Liquid | ē≠ Nasal/Liquid | - |
AR IV | Grundstufe | Abtönungsstufe | Dehnstufe | Schwundstufe | |
Für den Vokalbestand entscheidend ist, dass einfacher Nasal oder Liquid vorkommt. | ide. | E | O | Ē | Ø |
germ. | e+Nasal/Liquid | a+Nasal/Liquid | ē+Nasal/Liquid | Ø + u+Kons. | |
ahd. | e / i +Nasal/Liquid | a+Nasal/Liquid | ā+Nasal/Liquid | (u →) o+Nasal/Liquid | |
mhd. | e / i (Hb) | a+Nasal/Liquid | â+Nasal/Liquid | o (gesenkt) +Nasal/Liquid |
AR IV | Grundstufe | Grundstufe | Abtönungsstufe | Dehnstufe | Schwundstufe |
mhd. | Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
e | i | a | â | o |
AR V | Grundstufe | Abtönungsstufe | Dehnstufe | |
Für den Vokalbestand entscheidend ist, dass kein Nasal oder Liquid folgt. | ide. | E | O | Ē |
germ. | e+Kons. ≠ Nasal/Liquid | a+Kons. ≠ Nasal/Liquid | ē+Kons. ≠ Nasal/Liquid | |
ahd. | e / i+Kons. ≠ Nasal/Liquid | a+Kons. ≠ Nasal/Liquid | ā+Kons. ≠ Nasal/Liquid | |
mhd. | e / i +Kons. ≠ Nasal/Liquid (Hb) | a+Kons. ≠ Nasal/Liquid | â+Kons. ≠ Nasal/Liquid |
AR V | Grundstufe | Grundstufe | Abtönungsstufe | Dehnstufe | Grundstufe |
mhd. | Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
e | i | a | â | e |
AR VI | Grundstufe | Dehnstufe | |
Entscheidend ist, dass ein anderer Basisvokal als in AR I bis AR V verwendet wird. | ide. | A O |
Ā Ō |
germ. | a+Kons. | ō+Kons. | |
ahd. | a | uo Ahd. Diphthongierung ō → uo |
|
mhd. | a | uo |
AR VI | Grundstufe | Grundstufe | Dehnstufe | Dehnstufe | Grundstufe |
mhd. | Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
a | a (aber Umlaut bei 2. u. 3. Person) | uo | uo (Umlaut bei 2. Person Singular und im Konjunktiv möglich) | a |
Bei der Ablautreihe VII handelt es sich um keine bereits im Germanischen nachvollziehbare Ablautreihe. Sie wird im Mittelhochdeutschen analog zu den klassischen Ablautreihen aufgelistet. Sie basiert aber auf den ehemals reduplizierenden Verben , die im Gotischen noch belegt sind. Die folgenden Angaben basieren also nicht auf dem Germanischen, sondern auf Präsens- und Perfektformen des Gotischen.
VIIa | Präsens | Perfekt → Präteritum | |
7a, 7b, 7c | got. | a, ā, ai | Die Reduplikationssilbe besteht aus dem wurzelanlautenden Konsonanten und dem Reduplikationsvokal ai→, der die Geltung eines kurzen [ ε ] hat. Aus diesem Laut wird über vorahd. ē → ea bzw. ia unter Einfluss der Folgelaute ai, a, ā. |
ahd. | a, ā, ei | ea, ia → ie | |
mhd. | a, â, ei | ie |
VIIa | Präsens | Präteritum | Partizip II | ||
mhd. 7a, 7b, 7c |
Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
a, â, ei | a, â, ei (Umlaut bei 2. und 3. Person möglich) | ie | ie | a, â, ei |
VIIb | Präsens | Perfekt → Präteritum | |
VIIbα 7d |
got. | au | Die Reduplikationssilbe besteht aus dem wurzelanlautenden Konsonanten und dem Reduplikationsvokal ai, der die Geltung eines kurzen [ ε ] hat. Dieser Laut wird unter Einfluss des Folgelautes au zu vorahd. eu. |
ahd. | ō - vor Dental Ahd. Monophthongierung au → ô vor Dental und h |
eo, io → ie | |
mhd. | ô | ie | |
VIIbβ 7e |
got. | au | Die Reduplikationssilbe besteht aus dem wurzelanlautenden Konsonanten und dem Reduplikationsvokal ai, der die Geltung eines kurzen [ ε ] hat. Dieser Laut wird unter Einfluss des Folgelautes au zu vorahd. eu |
ahd. | ou - ohne Dental | eo, io → ie | |
mhd. | ou | ie | |
VIIbγ 7f |
got. | ō | Die Reduplikationssilbe besteht aus dem wurzelanlautenden Konsonanten und dem Reduplikationsvokal ai, der die Geltung eines kurzen [ ε ] hat. Dieser Laut wird unter Einfluss des Folgelautes ō zu vorahd. eu |
ahd. | uo - diphthongiert Ahd. Diphthongierung ô → uo |
eo, io → ie | |
mhd. | uo | ie |
VIIb | Präsens | Präteritum | Partizip II | ||
mhd. 7d, 7e, 7f |
Infinitiv | 1. Pers. Sg. Präs. | 1. Pers. Sg. Prät. | 1. Pers. Pl. Prät. | Part. II |
ô, ou, uo | ô, ou, uo (Umlaut bei 2. und 3. Person möglich) | ie | ie | ô, ou, uo |
Zusammenfassende Merkhilfe für die Ablautklassen im Verbbereich:
Hinweis:
Vorsicht! Im originalen Lexer, auch in der verfügbaren online Version, werden die Klassen anders als heute bezeichnet.
Lexer |
stv. | stv. red. (urspr. reduplizierende Verben) : | |||||
I,1 | I,2 | I,3 | I,4 | II | III | I,1; I,2; I,4; II, III | |
Heutiger Standard | V | IV | III | VI | I | II | VII (urspl. reduplizierende Verben) |