Grundwissen Grammatik

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Mit­tel­hoch­deutsch: Ab­laut

Ablaut

Unter „Ablaut“ wird in indoeuropäischen Sprachen der nach Regeln verlaufende Wech­sel des Vokals (Tonvokal / Stammvokal) – damit sind auch Diphthonge und Um­laute gemeint – in verwandten Wörtern, besonders aber in den verschiedenen Tempora der starken Verben verstanden. 

Der Ablaut ist nicht nur auf die Verben beschränkt, sondern tritt auch bei anderen Wörtern auf, zum Beispiel bei den neuhochdeutschen Nomina „der Bund“, „das Bündnis“, „das Band“, ,,die Bande“, „der Verband“, „die Binde“ usw.

Auch bei neuhochdeutschen Verben gibt es noch den Ablaut: „fahren“,  „ich fuhr“, „wir sind gefahren“ – oder „singen“,  „ich sang“, „wir haben gesungen“.
Allerdings gibt es im Neuhochdeutschen bei den starken Verben neben dem Infinitiv nur noch zwei Ablautstufen: im Präteritum und im Partizip II.
Im Mittelhochdeutschen gibt es bei diesen Verben neben dem Infinitiv vier Stufen: Infinitiv („helfen“) - Präsens („ich hilfe“) - Präteritum Singular („ich half“) - Präteritum Plural („wir hulfen") - Partizip II („geholfen“) , sodass man sich jeweils vier weitere Formen zu einem Infinitiv merken muss.
[Der mög­liche Vokalwech­sel zwischen Infinitiv und Präsens-Singular-Formen, hat an sich nichts mit dem Ablaut zu tun, sondern wird 'e-i' bzw. 'ie-iu'-Wech­sel genannt. - Gelegentlich tritt auch Umlaut bei der 2. und 3. Person Singular Präsens auf!]

Grenzen der Einordnung >>>mehr Man sollte sich jedoch stets auch der Grenzen der Zuordnung von Wörtern zu bestimmten Ablautreihen bewusst sein.
Für die Zuordnung von Verben in die einzelnen Ablautreihen ist oft nicht allein der Infinitiv-Vokal ausschlaggebend, häufig sind auch die Präteritumsformen von Bedeutung:
Wenn man das Verb "spîwen" - Ablautreihe Ib - betrachtet, fällt auf, dass neben dem Präteritum "spê", auch ein Präteritum "spei" nachweisbar ist, "ei" ist allerdings im Präteritum das Kennzeichen der Verben der Ablautreihe Ia! Folglich muss man das Verb spîwen eigentlich beiden Ablautreihen zuordnen.
Beim Verb "pflegen" lautet das Partizip II der Grammatik nach "gepflegen", damit gehört es zur Ablautreihe V. Jedoch ist in etwas jüngeren Texten nicht selten ein Partizip II nachweisbar, das "gepflogen" lautet. Damit gehört das Verb dann in die Ablautreihe IV.
Grundsätzlich muss man sagen, dass auch in der Zeit des Mittelhochdeutschen sich die Sprache verändert hat und dass die Autorinnen und Autoren nicht in einer Grammatik nachgesehen haben, bevor sie ein Wort verwendeten.

Es hat sich eingebürgert, dass man die mittelhochdeutschen Ab­laut­rei­hen in sieben Klassen einteilt.
In den Ausgaben der „Mittelhochdeutschen Grammatik“, die auf Hermann Paul zurückgehen, werden folgende Ablautklassen unterschieden:

Ab­laut­rei­he Kenn­zeich­nen­der Vo­kal Fol­ge­kon­so­nan­ten
Ia î - î - ei - i - i alle au­ßer h und w
Ib î - î - ê - i - i h und w
IIa ie (iu) - iu - ou - u - o alle au­ßer d, s, t, z und h
IIb ie (iu) - iu - ô - u - o nur d, s, t, z und h
IIIa i - i - a - u - u n, m + Kon­so­nant
IIIb e (i) - i - a - u - o l, r + Kon­so­nant
IV e (i) - i - a - â - o Wort enthält l, m, n, r
V e (i) - i - a - â - e einfacher Kon­so­nant au­ßer l, m, n,  r
VI a (e) - a - uo - uo - a keine Aussagen zu Kon­so­nan­ten
VIIa a, â, ei - a, â, ei - ie - ie - a, â, ei keine Aussagen zu Kon­so­nan­ten
VIIb ô, ou, uo - ô, ou, uo - ie - ie - ô, ou, uo keine Aussagen zu Kon­so­nan­ten

Hier sieht man, dass die Betrachtung der Fol­ge­kon­so­nan­ten beziehungsweise Stammkon­so­nan­ten zu einer weiteren Differenzierung bei den Ab­laut­rei­hen geführt hat. Allerdings werden nicht alle Vokal-Kon­so­nan­ten-Kombinationen hiermit erfasst, einiges wird bei H. Paul als Ausnahme beziehungsweise Sonderfall erwähnt.

Jüngere Autoren gehen deshalb noch ein paar Schritte weiter. Beate Henning unterteilt die Ablautklassen II, IV und VII folgendermaßen:

Ab­laut­reihe Kenn­zeich­nen­der Vo­kal Fol­ge­kon­so­nan­ten
IIa ie (iu)

alle au­ßer d, s, t, z und h

IIa (α) û
IIa (β) iu w
IV e (i) + l, m, n, r, ch
IV (α) e (i) l, r vor dem Vokal
IV (β) o m (komen)
VIIa a

„alte“ VIIa-Reihe

VIIb â
VIIc ei
VIId ô

„alte“ VIIb-Reihe

VIIe ou
VIIf uo

Die Differenzierung der Ab­laut­rei­hen VIIa und VIIb findet sich auch im Arbeitsbuch „Mittelhochdeutsch als fremde Sprache“, Klaus-Peter Wegera et al.

Alle Einteilungen haben ihre Vor- und Nachteile:

  1. Will man die Ab­laut­rei­hen in einem Com­pu­ter­pro­gramm um­setzen, ist die Aus­dif­fe­ren­zie­rung wie von Henning sehr hilf­reich.
  2. Geht es darum, sich die Hauptmerkmale der Ab­laut­rei­hen ein­zu­prägen, ist die grö­bere Ein­tei­lung von Vor­teil.
  3. Schließlich ist zu fragen, ob man sich lieber ein Regelsystem mit einigen Ausnahmen merken will oder ob es sinnvoll ist, jede Ausnahme gegebenenfalls in eine eigene Ab­laut­rei­he einzuordnen.

Das vorliegende Programm "Trai­ning der In­fini­tiv­be­stim­mung" hat sich an seiner Oberfläche jedenfalls an der Einteilung der Mittel­hoch­deutschen Gram­matik von Hermann Paul et al. orien­tiert.
Intern wird mit einem dif­fe­ren­zier­te­ren Mo­dell ge­ar­bei­tet, dem auch noch ein paar wei­tere Be­obach­tun­gen zu den auftretenden Kon­so­nan­ten hin­zu­ge­fügt wur­den.

Legende: Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Dehn­stu­fe Schwund­stu­fe

Ab­laut-
rei­he
Inf. 1. P. Sg. Präs. 1. P. Sg. Prät.* 1. P. Pl. Prät. Part. II Fol­ge­kon­so­nan­ten
Ia î  î ei  i i Alle Kon­so­nan­ten au­ßer h (und w) kom­men vor, je­doch auch ch ist mög­lich. Ggf. gram­ma­ti­scher Wech­sel
Ib î  î ê  i i Stamm en­det auf h oder w - gram­ma­ti­scher Wech­sel mög­lich. Im Prä­teri­tum Sin­gu­lar er­scheint dann ch, w fällt weg. Im Plu­ral des Prä­teri­tums er­schei­nen oft g oder w als sig­ni­fi­kan­te Kon­so­nan­ten.
IIa ie  iu ou  u o Stamm en­det nicht auf d, t, s, z oder h, son­dern auf b, c, f, g, h, p, r; ie-iu-Wech­sel im In­di­ka­tiv Singular Prä­sens; Par­ti­zip mit o! Ggf. Um­laut ü im Prä­teri­tum
IIaa iu  iu ou  u û Stamm en­det nicht auf d, t, s, z oder h, aber auf w, das durchgehendes iu im Präsens bewirkt. Par­ti­zip mit û! Ggf. Um­laut ü im Prä­teri­tum
IIab û  û ou  u o / ou / û Stamm en­det nicht auf d, t, s, z oder h; Par­ti­zip mit o / ou / û! Ggf. Um­laut ü im Prä­teri­tum - gedehnte Schwundstufe û im Präsensstamm
IIb ie  iu ô  u o Stamm en­det auf d, t, s, z oder h; ie-iu-Wech­sel im In­di­ka­tiv Singular Prä­sens; ggf. Um­laut ü im Prä­teri­tum Ggf. gram­ma­ti­scher Wech­sel
IIIa i  i a  u u In­fi­ni­tiv­stamm en­det auf m, n + Kon­so­nant. Ggf. Um­laut ü im Prä­teri­tum. Na­sal+Kon­so­nant be­wirkt kon­se­quen­tes i im Prä­sens und Par­ti­zip II mit u.
IIIb e  i a  u o In­fi­ni­tiv­stamm en­det auf l, r + Kon­so­nant, 'e-i'-Wech­sel im In­di­ka­tiv Singular Prä­sens, ggf. Um­laut ü im Prä­teri­tum
IV e  i a  â o Stamm ent­hält ein­fachen Na­sal - m, n - oder ein­fa­chen Li­quid - l, r - oder ch / hs / ht. Kon­kret: VOR dem Vo­kal steht häu­fig r, sel­ten l oder n. NACH dem Vo­kal ste­hen ch, hs, ht, l, m, r.
Aus­nah­men: Auf den Vo­kal kön­nen auch fol­gen ck, sch, zz: zwe­cken, le­schen, vez­zen
'e-i'-Wech­sel im In­di­ka­tiv Singular Prä­sens; ggf. Um­laut æ (e) im Prä­teri­tum
IVx o  u a  â o Fol­ge­kon­so­nant: m („ko­men“) ; ggf. Um­laut æ (e) im Prä­teri­tum
V e  i a  â e In­fi­ni­tiv­stamm en­det auf ein­fa­chen Kon­so­nan­ten au­ßer auf  l, m, n, r. In Fol­ge des gram­ma­ti­schen Wech­sels im Prä­te­ri­tum auch r mög­lich. 'e-i'-Wech­sel im Indikativ Singular Prä­sens; ggf. Um­laut æ (e) im Prä­teri­tum
Vx i  i a  â e Stamm en­det auf ein­fachen Kon­so­nan­ten au­ßer auf  l, m, n, r; ggf. Um­laut æ (e) im Prä­teri­tum; durch­ge­hen­des i im Prä­sens: alte j-Prä­sen­tien
VI a  a uo  uo a Um­laut - e - im In­di­ka­tiv Prä­sens in der 2. und 3. Per­son; ggf. Um­laut üe im Prä­teri­tum. Meist ein­fa­che - Aus­nah­men: ch, ck, ff, hs, ll, pf, sch - Fol­ge­kon­so­nan­ten au­ßer j, k, m, q, s, w, x, y, z. Ggf. gram­ma­ti­scher Wech­sel
VIx e  e uo  uo a Ggf. gram­ma­ti­scher Wech­sel; ggf. Um­laut üe im Prä­teri­tum, durch­ge­hen­des e im Prä­sens: alte j-Prä­sen­tien
VIy e  e uo  uo o Verb mit Stamm­vo­kal e, durch­ge­hen­des e im Präsens: altes j-Prä­sen­tium; Par­ti­zip II mit o! („swern“)
VIIa (7a) a  a ie  ie a Fol­ge­kon­so­nant l, n, r + Kon­so­nant; Um­laut - e - im In­di­ka­tiv Prä­sens in der 2. und 3. Per­son un­ter­bleibt zu­wei­len
VIIa (7b) â  â ie  ie â Fol­ge­kon­so­nant c, d, f, g, h, s, t, z; Um­laut - æ (e) - im In­di­ka­tiv Prä­sens in der 2. und 3. Per­son un­ter­bleibt zu­wei­len
VIIa (7c) ei  ei ie  ie ei Fol­ge­kon­so­nant d, f, s, t, z
VIIb (7d) ô  ô ie  ie ô Fol­ge­kon­so­nant t, z; Um­laut - œ - im In­di­ka­tiv Prä­sens in der 2. und 3. Per­son un­ter­bleibt zu­wei­len
VIIb (7e) ou ou ie  ie ou Fol­ge­kon­so­nant f, w; Um­laut - öu - im In­di­ka­tiv Prä­sens in der 2. und 3. Per­son un­ter­bleibt zu­wei­len
VIIb (7ex) ou ou iu  iu ou Ne­ben­rei­he mit iu im Prä­te­ri­tum. Fol­ge­kon­so­nant f, w; Um­laut - öu - im In­di­ka­tiv Prä­sens in der 2. und 3. Per­son un­ter­bleibt zu­wei­len
VIIb (7f) uo  uo ie  ie uo Fol­ge­kon­so­nant f; Um­laut - üe - im In­di­ka­tiv Prä­sens in der 2. und 3. Per­son un­ter­bleibt zu­wei­len
VIIb (7fx) û  û î  î û Fol­ge­kon­so­nant f; mit­tel­deut­sche Va­ri­ante

* In der 1. Person Singular Präteritum kann außer in Ablautreihe Ib immer auch Auslautverhärtung auftreten.

Historische Herleitung des Lautbestandes bei starken Verben:

Ausgangspunkt ist das indoeuropäische starke Verb, dessen Vokalbestand sich auf die Grund­stu­fe E, die Ab­tö­nungs­stu­fe O und die Schwund­stu­fe ohne Vokal reduzieren lässt. In den Ablautreihen IV, V und VI tritt noch die sogenannte Dehnstufe auf, die auf germanischem Ē (IV, V) bzw. Ā, Ō (VI) basiert.
Diese Stufen wurden in Abhängigkeit von hinzugetretenen Kon­so­nan­ten (Kehlkopflauten) verändert, die später wieder wegfielen, so dass z. B. das E zu I oder das O zu A werden konnte und die an sich leere Schwund­stu­fe durch einen Sprossvokal U bzw. I wieder gefüllt wurde. - Schwund­stu­fe [§ L 4]: Halbvokale *i, *u oder Na­sa­le und Li­qui­den bleiben erhalten. Ausfall des Vokals führt zu Sprossvokal *u vor Na­sal und Li­quid.
U wird beim Partizip II wegen der ahd. Partizipendung '-an' in der Regel zu o gesenkt, wenn es nicht vor einem Na­sal steht. Deshalb treten in der Schwundstufe sowohl u als auch o häufig auf.

AR I   Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Schwund­stu­fe
Für den Vo­kal­be­stand ent­schei­dend ist, ob H oder W nach dem Vo­kal auf­tritt oder ob an­de­re Kon­so­nan­ten fol­gen. ide. E O Ø
germ. e+i+Kons. (o →) a+i+Kons. Ø +i+Kons.
ahd. ī ei | ē nur wenn Fol­ge­kon­so­nant  h oder w.
Ahd. Mo­noph­thon­gie­rung ai → ē vor h, w
i +Kons.
a mhd. î ei + Fol­ge­kon­so­nant ≠ h, w i +Kons.
b mhd. î ê + Fol­ge­kon­so­nant = h, w
i +Kons.

AR I Grund­stu­fe Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Schwund­stu­fe Schwund­stu­fe
mhd. In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
a î î ei i i
b î î ê i i


AR II   Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Schwund­stu­fe
Für den Vo­kal­be­stand ent­schei­dend ist, ob Den­ta­le bzw. H nach dem Vo­kal auf­tre­ten oder ob an­de­re Kon­so­nan­ten fol­gen. ide. E O Ø
germ. e+u+Kons. (o→) a+u+Kons. Ø +u+Kons.
ahd. io, eo, ie ou | ō nur wenn Fol­ge­kon­so­nant  Den­tal oder h.
Ahd. Mo­noph­thon­gie­rung au → ō vor Den­tal, h
u / o+Kons.
a mhd. ie / iu (He­bung) ou + Fol­ge­kon­so­nant ≠Den­tal [d, s, t, z], h u / o (ge­senkt) +Kons.
b mhd. ie / iu (He­bung) ô + Fol­ge­kon­so­nant = Den­tal[d, s, t, z], h
u / o (ge­senkt) +Kons.

AR II Grund­stu­fe Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Schwund­stu­fe Schwund­stu­fe
mhd. In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
a ie iu ou u o
b ie iu ô u o


AR III   Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Schwund­stu­fe
Für den Vo­kal­be­stand ist ent­schei­dend, ob ein Na­sal [M, N]+Kon­so­nant dem Vo­kal folgt oder ob nach dem Vo­kal ein Li­quid [L, R]+Kon­so­nant steht. ide. E O Ø
germ. e + Na­sal/Li­quid+Kons. a + Na­sal/Li­quid+Kons. u + Na­sal/Li­quid+Kons.
ahd. e / i + Na­sal/Li­quid+Kons:
• i: Na­sal+Kons. be­wirkt He­bung im ge­sam­ten Präs. zu i.
• e: Li­quid+Kons. be­lässt e im Plu­ral. He­bung nur im Sg. Präs. zu i we­gen Fle­xions­en­dun­gen [i, u].
a + Na­sal/Li­quid+Kons. u: Na­sal+Kons. ver­hin­dert stan­dard­mä­ßi­ge Sen­kung beim Part.II.
u / o: Li­quid+Kons. er­laubt üb­li­che Sen­kung beim Part.II.
a mhd. i / i +Na­sal+Kons a+Na­sal+Kons. u+Na­sal+Kons
b mhd. e / i + Li­quid+Kons. (He­bung) a+Li­quid+Kons. u / o (ge­senkt)+Li­quid+Kons.

AR III Grund­stu­fe Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Schwund­stu­fe Schwund­stu­fe
mhd. In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
a i i a u u
b e i a u o


Ver­wand­schaft zwi­schen IV und V   Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Dehn­stu­fe Schwund­stu­fe
Für den Vo­kal­be­stand ent­schei­dend ist, ob ein ein­fa­cher Na­sal bzw. Li­quid [M, N, L, R] vor oder nach dem Vokal auf­tritt oder ob andere ein­fa­che Kon­so­nan­ten dem Vokal folgen: ide. E O Ē Ø
IV: Na­sal, Li­quid germ. e+Na­sal/Li­quid a+Na­sal/Li­quid ē+Na­sal/Li­quid Ø + u+Kons.
V: kein Na­sal, Li­quid, Par­ti­zip II bei V: Grund­stu­fe! germ. e+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid a+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid ē≠ Na­sal/Li­quid -

 

AR IV   Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Dehn­stu­fe Schwund­stu­fe
Für den Vo­kal­be­stand ent­schei­dend ist, dass ein­fa­cher Na­sal oder Li­quid vor­kommt. ide. E O Ē Ø
germ. e+Na­sal/Li­quid a+Na­sal/Li­quid ē+Na­sal/Li­quid Ø + u+Kons.
ahd. e / i +Na­sal/Li­quid a+Na­sal/Li­quid ā+Na­sal/Li­quid (u →) o+Na­sal/Li­quid
  mhd. e / i (Hb) a+Na­sal/Li­quid â+Na­sal/Li­quid o (ge­senkt) +Na­sal/Li­quid

AR IV Grund­stu­fe Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Dehn­stu­fe Schwund­stu­fe
mhd. In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
e i a â o


AR V   Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Dehn­stu­fe
Für den Vo­kal­be­stand ent­schei­dend ist, dass kein Na­sal oder Li­quid folgt. ide. E O Ē
germ. e+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid a+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid ē+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid
ahd. e / i+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid a+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid ā+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid
  mhd. e / i +Kons. ≠ Na­sal/Li­quid (Hb) a+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid â+Kons. ≠ Na­sal/Li­quid

AR V Grund­stu­fe Grund­stu­fe Ab­tö­nungs­stu­fe Dehn­stu­fe Grund­stu­fe
mhd. In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
e i a â e


AR VI   Grund­stu­fe Dehn­stu­fe
Ent­schei­dend ist, dass ein an­de­rer Ba­sis­vo­kal als in AR I bis AR V ver­wen­det wird. ide. A
O
Ā
Ō
germ. a+Kons. ō+Kons.
ahd. a uo
Ahd. Diph­thon­gie­rung ō → uo
  mhd. a uo

AR VI Grund­stu­fe Grund­stu­fe Dehn­stu­fe Dehn­stu­fe Grund­stu­fe
mhd. In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
a a (aber Um­laut bei 2. u. 3. Per­son) uo (Um­laut bei 2. Per­son mög­lich) uo a

Bei der Ablautreihe VII handelt es sich um keine bereits im Germanischen nachvollziehbare Ablautreihe. Sie wird im Mittelhochdeutschen analog zu den klassischen Ablautreihen aufgelistet. Sie basiert aber auf den ehemals reduplizierenden Verben, die im Gotischen noch belegt sind. Die folgenden Angaben basieren also nicht auf dem Germanischen, sondern auf Prä­sens- und Per­fekt­for­men des Go­ti­schen.

VIIa   Prä­sens Per­fekt → Prä­te­ri­tum
7a, 7b, 7c got. a, ā, ai Die Re­dup­li­ka­tions­sil­be be­steht aus dem wur­zel­an­lau­ten­den Kon­so­nan­ten und dem Re­dup­li­ka­tions­vo­kal ai→, der die Gel­tung eines kur­zen [ ε ] hat.
Aus die­sem Laut wird über vorahd. ē → ea bzw. ia unter Ein­fluss der Fol­ge­lau­te ai, a, ā.
ahd. a, ā, ei ea, ia → ie
mhd. a, â, ei ie

VIIa Prä­sens Prä­te­ri­tum Par­ti­zip II
mhd.
7a, 7b, 7c
In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
a, â, ei a, â, ei (Um­laut bei 2. und 3. Per­son mög­lich) ie ie a, â, ei


VIIb   Prä­sens Per­fekt → Prä­te­ri­tum
VIIbα
7d
got. au Die Re­dup­li­ka­tions­sil­be be­steht aus dem wur­zel­an­lau­ten­den Kon­so­nan­ten und dem Re­dup­li­ka­tions­vo­kal ai, der die Gel­tung eines kur­zen [ ε ] hat.
Die­ser Laut wird unter Ein­fluss des Fol­ge­lau­tes au zu vorahd. eu.
ahd. ō - vor Den­tal
Ahd. Mo­noph­thon­gie­rung au → ô vor Den­tal und h
eo, io → ie
mhd. ô ie
VIIbβ
7e
got. au Die Re­dup­li­ka­tions­sil­be be­steht aus dem wur­zel­an­lau­ten­den Kon­so­nan­ten und dem Re­dup­li­ka­tions­vo­kal ai, der die Gel­tung eines kur­zen [ ε ] hat.
Die­ser Laut wird unter Ein­fluss des Fol­ge­lau­tes au zu vorahd. eu
ahd. ou - ohne Den­tal eo, io → ie
mhd. ou ie
VIIbγ
7f
got. ō Die Re­dup­li­ka­tions­sil­be be­steht aus dem wur­zel­an­lau­ten­den Kon­so­nan­ten und dem Re­dup­li­ka­tions­vo­kal ai, der die Gel­tung eines kur­zen [ ε ] hat.
Die­ser Laut wird unter Ein­fluss des Fol­ge­lau­tes ō zu vorahd. eu
ahd. uo - diph­thon­giert
Ahd. Diph­thon­gie­rung ô → uo
eo, io → ie
mhd. uo ie

VIIb Prä­sens Prä­te­ri­tum Par­ti­zip II
mhd.
7d, 7e, 7f
In­fi­ni­tiv 1. Pers. Sg. Präs. 1. Pers. Sg. Prät. 1. Pers. Pl. Prät. Part. II
ô, ou, uo ô, ou, uo (Um­laut bei 2. und 3. Per­son mög­lich) ie ie ô, ou, uo

 


Zusammenfassende Merkhilfe für die Ablautklassen im Verbbereich:

Merkhilfe Fächer

Hinweis:
Vorsicht! Im originalen Lexer, auch in der verfügbaren online Version, werden die Klassen anders als heute bezeichnet.


Lexer
stv. stv. red. (urspr. re­du­pli­zie­ren­de Ver­ben): 
I,1 I,2 I,3 I,4 II III I,1; I,2; I,4; II, III
Heu­ti­ger Stan­dard V IV III VI I II VII (urspl. re­du­pli­zie­ren­de Ver­ben)

Die Verteilung starker Verben nach Ablautreihen

Die kleinste Gruppe ist die AR Ib mit etwa 1,58 %, die zweitkleinste die AR VIIb mit circa 3,60 % aller starken Verben.
Den dritten Platz belegt die AR IIa mit etwa 6,88%.
Das Mittelfeld besteht aus den Ablautreihen IIb, IIIb, IV, V, VI, VIIa – zwischen 8,46 % und 10,79 %.
Die zweigrößte Gruppe bildet die AR IIIa mit etwa 11,94 %
Die größte Gruppe ist die AR Ia mit ungefähr 17,94 % aller erfassten starken Verben.


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